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Von: "Mystifur" (Mystifur@gmx.net), 2002-09-01
> Was macht eigentlich den Reiz beim Petplay aus? Ist es eventuell einfacher > mit "entmenschlichten" Personen zu spielen? Ist es eine besondere Demütigung > für den Tier-Part? Oder ist gar etwas ganz anderes?
Ui, nun wirds schwierig.
"Den Reiz" kann man wohl genausowenig
endgültig festlegen, wie die Antwort auf "Was ist gut und erlaubt in SM"
:-)
Aber ich will mal versuchen, den einen oder anderen möglichen Aspekt zu
zeigen. In einer Petplay-Situation (ich mag hier nicht Session sagen, da die
Übergänge ja doch sehr fliessend sein können, ) entsteht z.B. schnell ein
schon fast natürliches Ds-Gefälle. Ist es doch für Haustiere, oder gefangene
Wildtiere ein recht selbstverständlicher Zustand, unter der Kontrolle und in
Abhängigkeit des Herrchens/Frauchens zu sein.
Entmenschlichung ist ein Punkt der beiden Seiten ein gewisses Spielgefühl
ermöglicht. Top kann u.U. direkter agieren, sich einfacherer Regeln
bedienen...
Das Pet hat nunmal eher etwas von "Besitz". Darüber lässt
sich beliebig verfügen. Pet hingegen muß sich einer völlig neuen
Ausdrucksform bedienen, denn Sprache oder menschliche
Rechte/Pflichten/Gesten
sind ihm wohl nicht mehr zugestanden. Um sich auszudrücken bleiben
Körpersprache oder tiersprachliche Laute.
Das kann für Sub natürlich eine zusätzliche Demütigung sein, Sprache und Status zu verlieren. Es kann aber auch eine sehr befreiende Erfahrung sein, da man als Tier auch menschliche Scham sowie menschliche Pflichten und Zwänge ablegt. Man _braucht_ einfach nicht mehr reden, und rein emotionales Handeln wird möglich.
Pets haben auch einen gewissen Niedlichkeitsfaktor. Ob Wuffel jetzt im Körbchen schläft, das Pony den Kopf schief legt, oder die Katz' einem um die Beine streift... ein Tierchen kommt viel öfter in den Genuss gekrault, gestreichelt oder gelobt zu werden.
Ein weiterer Punkt mag die Möglichkeit zum Training sein. Wenns gefällt kann Top(se)/Dom(me)/Herrchen/Frauchen das Pets abrichten, trainieren und mittels einfacher Kommandos kontrollieren. Für das Pet ergiebt sich so viel Abwechslung, neue zu bewältigende Herausforderungen und die unmittelbare Kontrolle des Lernerfolgs.
Je nach Ausprägung der eventuellen persönlichen Fetische kann auch eine ganze Menge tierspezifische Ausrüstung dazu kommen. Von Halsband, über Maulkorb, Hufschuhen, Käfigen bis hin zu Sätteln und Sulkies.
Welcher Spezies Subbie gerade angehören mag, kann durchaus von Situation oder gewünschtem Effekt abhängig sein. Das Pet fühlt sich vielleicht einer speziellen Rasse nahe, oder möchte für dieses Tier typische Eigenschaften ausdrücken. Entscheidet Top für die Session über die Tierart, dann will er/sie möglicherweise genau diese Eigenschaften vom Partner wiedergegeben sehen.
Beispiele (für deren Allgemeingültigkeit und Richtigkeit ich nicht hafte,
weil das jeder selbst entscheiden muss ;-) ) währen z.B. beim
Hund: Treue, Folgsamkeit, Anerkennung des Rudelführers,..
Kaninchen und anderes Wild: Scheue, Neugier, Jagbarkeit,...
Katze: Verspielt, unabhängig, elegant, dreist, ...
Pony: Lernfähigkeit, Leistungsfähigkeit, Eleganz, ...
Wie überall im großen Sammeltopf BDSM ist die Motivation und der Reiz von Person zu Person sehr unterschiedlich. Spass und Emotionalität untereinander gehören aber gewiss immer dazu. So gesehen sind Petplayer also auch ganz normal. :-)
Von: Kai (pets@þets-de.org), 2002-06-07
> Ich käme mir als > Pony auch albern vor, aber das bin eben ich. Und ich wüsste gerne, was > andere gerade an der Vorstellung, ein Pony zu sein, so erregt. Die > Peitsche und Fixation kann man ja auch anders "geniessen". Ist es > vielleicht eine besondere Demütigung?
Für manche ja, für andere nicht. Pet Play hat auch seine ganz eigene Bandbreite, in der sich vieles wiederfindet, was auch in der restlichen BDSM-Szene zu beobachten ist. Ich gehe hier nur mal auf Ponyplay ein; für andere Möchtegernspezies gilt im Prinzip das gleiche.
Es gibt unter Pet Playern zum Beispiel Fetisch-Freunde diverser Couleur, z.B. für Pferde, Frauen auf Pferden, Reitzubehör, landwirtschaftliches Zeugs, usw. Es gibt den B&D Anteil durch Zaumzeug, Bewegungseinschränkung, zum Beispiel Hufstiefel, Masken, etc. DS ist drin durch Dressur und Konditionierung, und natürlich auch SM mit der Lust am Leiden. Die Tierrolle fasst alles zusammen und gibt ihm Grund.
Warum ausgerechnet Pony (oder Tierrollen überhaupt)? Vielleicht weil Tiere eben keine Menschen sind. Keine menschliche Verantwortung, aber auch keine menschlichen Fähigkeiten. Nicht sprechen zu dürfen heisst eben auch nicht sprechen zu müssen. Tiere, besonders Haustiere werden zwar gefordert, aber auch geliebt. Tierliebe ist unkomplizierter als zwischenmenschliche, vielleicht auch direkter. Sie besteht aus einem kleinen Satz fester Regeln; schnell zu lernen.
Tiere haben aber auch Freiheiten, die im Regelwerk des gemeinen Subs häufig nicht vorkommen (weil man sie vielleicht gar nicht will). Tiere haben die komplette Körpersprache. Wer einem seinem Besitzer ergebenen Pony in die Zügel oder sonstwohin greift kann durchaus einen Tritt kassieren. Viel Raum, um eine eigene Tierpersönlichkeit aufzubauen.
Auf der anderen Seite der Spielskala steht ein Tier (gefühlsmässig) "unterhalb" des Menschen. Es darf keine Privilegien erwarten, sondern muss sich mit "tierischem" begnügen. Eine gute Begründung, weshalb man das alles über sich ergehen läßt: Man ist ja nur Tier.
Die Erniedrigung ist schon fast der (seltene) Extremfall. Gedanklich und vom Setting her Mensch zu bleiben, aber als Tier behandelt zu werden. Spiel mit Scham und Lächerlichkeit, "Entwertung". Darin steckt wohl das größte vorstellbare Gefälle.
Wie gesagt: Die Motivation und der Film im Kopf sind bei jedem Pet Player anders. Der eine will die Erniedrigung, das Spiel mit dem "Ekel" Tier zu sein, während der andere sich in der Rolle pudelwohl fühlt - no pun intended. Vacation from humanity nannte es ein Hundebekannter aus England mal. Der eine legt Wert auf superchices Equipment, Chrom, Leder, Heels, der andere läuft am liebsten nackt rum, wie Ponies nun mal sind. Das macht die Suche nach passenden Partnern in dem Bereich nicht gerade einfacher.
Auf der Seite der Besitzer/Trainer/... gibt es auch unterschiedliche Motivationen, wobei ich mich da nur ganz allgemein auskenne. Der Wunsch zu besitzen zum Beispiel ist eine Motivation. Ein Tier zu besitzen ist gesellschaftlich okay und staatlich gedeckt (so die Phantasie). Das heisst, dass dieses Besitzverhältnis (in der Phantasie) viel weniger Einschränkungen hat. Tierschutz gilt nicht für Pet Player ;-)
Tiere widersprechen nicht (verbal). Sie sind genügsam (meistens). Ein bisschen Futter, ein Platz zum schlafen. Ideale Partner :-) Dass Pet Play auch derart einfach und "gemütlich" sein kann ist übrigens weitgehend unbekannt. Das muss man als Pet den Besitzern meist erst mal sagen.
Kontrolle und Dressur sind intensiver bei einem Tier. Keine komplizierten Kommandos, sondern einfach und direkt. Eine Domme stellte nach ihrer ersten Fahrt im Ponywagen fest, daß sie die millimetergenaue Kontrolle über ihren Zweibeiner sehr schätzt. Die Zügel wirken unmittelbar, wo Worte im DS eher butterweich sein können. Gegen die Kandarre hingegen hilft kein Widerspruch. Viele Pet Player auf beiden Seiten haben deshalb einen Faible für rigides Equipment bis hin zu Elektro-Halsbändern, Stachelwürgern, usw.
Zusammengefasst: Im Pet Play werden die gleichen Grundbedürfnisse ausgelebt wie in allen anderen Spielarten auch. Weshalb ausgerechnet die Tierrolle so kickt und eine andere zum Beispiel nicht ist vermutlich genauso unergründlich und persönlich wie die Motivation zum BDSM selbst.
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